EU-Abstimmung zur Netzneutralität: Deutsche Abgeordnete mehrheitlich für Erhalt

Veröffentlicht am

Einen Tag vor der Abstimmung im EU-Parlament über eine Verordnung zur Netzneutralität im Internet hat die Organisation abgeordnetenwatch.de in Kooperation mit Change.org die Ergebnisse des neuen Petitions-Checks veröffentlicht. Dieser ermöglicht es Bürgerinnen und Bürgern, die Position von Abgeordneten zu bestimmten Online-Petitionen in Erfahrung zu bringen. Die erste Petition, zu der abgeordnetenwatch.de jetzt die Stellungnahmen der Europa-Parlamentarier abgefragt hat, fordert den Erhalt der Netzneutralität im Internet. Sie war von dem Blogger Markus Beckedahl (netzpolitik.org) im November 2014 auf Change.org gestartet worden und wurde seitdem von über 175.000 Menschen gezeichnet.

Insgesamt 54 der 96 Europaabgeordneten haben ihren Standpunkt mitgeteilt, davon kommen die meisten Parlamentarier (22) aus der S&D-Fraktion, der die SPD-Abgeordneten angehören. Von der EVP-Fraktion (CDU/CSU) haben sieben Mitglieder teilgenommen. Bei der EFA (Grüne, ÖDP und Piraten) waren es zehn und bei der GUE/NGL (Die Linke) sieben. Hinzu kommen insgesamt acht Abgeordnete aus Deutschland von kleineren Parteien.

Fast alle Abgeordneten, die an der Befragung teilgenommen haben, sprachen sie für den Erhalt der Netzneutralität im Internet aus. Nachdem das Europaparlament sich 2014 in einer Abstimmung im Europaparlament fast einstimmig mit den Stimmen der Abgeordneten von CDU/CSU und SPD für eine weitreichende Sicherung der Netzneutralität ausgesprochen hatte, kam dieses Jahr auf Druck der Bundesregierung und der Europäischen Kommission ein überarbeiteter Verordnungsentwurf zur erneuten Abstimmung ins EU-Parlament. Dieser Entwurf bekräftigt zwar die grundsätzliche Geltung der Netzneutralität, sieht aber gleichzeitig Ausnahmen vor. Diese Ausnahmen würden die Netzneutralität abschaffen und die Meinungsfreiheit im Internet bedrohen, warnt hingegen der Initiator der Petition.

„Manche Begründungen der EU-Abgeordneten stehen im Widerspruch zur Verordnung, die morgen im Europaparlament mit der Mehrheit aus EVP und S&D verabschiedet werden soll. Wir sind gespannt, ob sich dementsprechend Änderungsanträge durchsetzen werden, die mehr im Einklang mit den auf abgeordnetenwatch.de abgegebenen Positionen stehen", resümiert Gregor Hackmack von der Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de, die die Befragung der Abgeordneten für den Petitions-Check durchgeführt hat.

„Dass mehr als die Hälfte aller Europaabgeordneten aus Deutschland zur Netzneutralitäts-Petition Stellung genommen hat, ist ein großer Erfolg. Noch nie haben sich so viele Europaabgeordnete direkt und öffentlich mit einer Bürgerpetition auseinandergesetzt", so Gregor Hackmack.

„Mit dem Petitions-Check haben wir einen Türöffner zum Parlament geschaffen", sagt Gregor Hackmack, Geschäftsführer von abgeordnetenwatch.de und Deutschland-Chef von Change.org. „Wichtige Bürgeranliegen erreichen jetzt direkt das Europaparlament. So können Bürgerinnen und Bürger wichtige Themen auf die Agenda der Abgeordneten setzen. Das ist ein Stück mehr Demokratie in Europa."

Das Anliegen einer Online-Petition wird dann von abgeordnetenwatch.de an die Europaabgeordneten zur Stellungnahme weitergeleitet, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Das Petitionsanliegen muss sich an das Europäische Parlament richten und dieses muss zuständig sein.
  2. Mindestens 100.000 Menschen müssen sich der Petition anschließen.
  3. Auch in der Bevölkerung muss es eine Mehrheit für das Anliegen der Petition geben.

Im Fall der Netzneutralitäts-Petition hatte eine repräsentative Meinungsumfrage von Infratest-Dimap im Auftrag von abgeordnetenwatch.de ergeben, dass 75 Prozent der Bürgerinnen und Bürger die Beibehaltung der Netzneutralität im Internet befürworten. Finanziert wurde die Umfrage von Zeichnern der Petition auf Change.org.

Welche Position die einzelnen EU-Abgeordneten zur Netzneutralität einnehmen, können Interessierte auf der am Montagmittag freigeschalteten Internetseite: https://www.abgeordnetenwatch.de/eu/petitionen/netzneutralitat-sichern-rettet-das-freie-internet in Erfahrung bringen. Dort sind alle Abgeordneten übersichtlich und mit verschiedenen Filterfunktionen aufgelistet. Alle Abgeordneten können auf abgeordnetenwatch.de auch zu ihrer Position öffentlich befragt werden.

 

Weiterführende Informationen

+ Ergebnisse des Petitions-Checks von abgeordnetenwatch.de in Kooperation mit Chang.org:
https://www.abgeordnetenwatch.de/eu/petitionen/netzneutralitat-sichern-rettet-das-freie-internet

+ Netzneutralitäts-Umfrage durch infratest-dimap:
Laut der repräsentativen infratest-dimap-Umfrage im Auftrag von abgeordnetenwatch.de sprechen sich 75 Prozent der Bundesbürger für den Erhalt der Netzneutralität im Internet aus. 13 Prozent meinten, die Netzneutralität sei verzichtbar. „Ist mir egal, weiß nicht, unentschieden" gaben 11 Prozent an (1% Rundungsfehler). Eine absolute Mehrheit für die Beibehaltung der Netzneutralität gibt es bei den Anhängern aller Parteien. Am höchsten ist die Zustimmung bei Anhängern der Linken (84 Prozent). Die geringste Zustimmung hatten Anhänger der FDP mit 71 Prozent. - Die repräsentative Umfrage wurde zwischen dem 28. und 30. September 2015 unter 1.034 Befragten durchgeführt. Ausführliche
Informationen zur Umfrage finden Sie unter https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/abgeordnetenwatch.de/files/netzneutralitat_infratest_2015.pdf.

+ Netzneutralitäts-Petition von Markus Beckedahl auf Change.org:
https://www.change.org/freies-internet

+ Abstimmung: Netzneutralität 2014: So stimmten die EU-Abgeordneten 2014 zur Netzneutralität:
deutsche EU-Abgeordnete: 74 dafür, 1 dagegen, 5 enthalten, 19 dagegen.
http://www.abgeordnetenwatch.de/telekommunikationsverordnung_u_a_netzneutralitaet-106-591.html

+ Weitere Petitionen im Petitions-Check auf abgeordnetenwatch.de:
https://www.abgeordnetenwatch.de/petitionen