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Unsere Transparenzaktion #GläserneGesetze soll tausende Lobbypapiere öffentlich machen

Fließen Formulierungen aus Lobbypapieren in Gesetzentwürfe ein? Um das herauszufinden, wollen abgeordnetenwatch.de und fragdenstaat.de tausende Lobbypapiere aus den Aktenschränken der Regierung befreien. Wegen der riesigen Menge an Dokumenten braucht es die Unterstützung vieler Menschen. Wie Sie mit wenigen Klicks ein Lobbypapier öffentlich machen können.

von Redaktion abgeordnetenwatch.de, 15.06.2017

Wenn die Bundesregierung ein neues Gesetz auf den Weg bringt, geht es nicht besonders transparent zu. Verbände und Unternehmen sind mit die ersten, die davon erfahren - sie bekommen von den Ministerien meist die allererste Fassung eines Gesetzentwurfs zugeschickt, um eine Stellungnahme abzugeben und Wünsche zu äußern. Wen die Bundesregierung anfragt und was in den eingesandten Lobbypapieren steht, wird in den seltensten Fällen öffentlich. Ob und wie die Stellungnahmen in die späteren Gesetzestexte einfließen und ob sich die Bundesregierung vielleicht sogar bei den Formulierungen der Lobbyisten bedient, bleibt verborgen.

Mit der Aktion #GläserneGesetze wollen abgeordnetenwatch.de und fragdenstaat.de das jetzt sichtbar machen. In den Aktenschränken der Ministerien lagern tausende Stellungnahmen, die Unternehmen, Verbände und Organisationen zu konkreten Gesetzesvorhaben der Bundesregierung abgegeben haben. Diese sollen nun über das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) öffentlich werden – und dafür braucht es wegen der riesigen Menge an Dokumenten die Unterstützung vieler Menschen (die wichtigsten Fragen und Antworten zur Aktion #GläserneGesetze lesen Sie hier).

So machen Sie eine Lobbyisten-Stellungnahme öffentlich:

  • Unter glaesernegesetze.de nach Interessenvertretern suchen, die von der Bundesregierung um Stellungnahme zu einem Gesetzesvorhaben gebeten wurden (z.B. Vattenfall, BDI, WWF).
  • Mailanfrage an das Ministerium abschicken (Anschreiben wird automatisch erstellt)
  • Die Stellungnahme nach Erhalt auf glaesernegesetze.de für die Allgemeinheit zugänglich machen.

17.000 Fälle recherchiert

Diese Dokumente sollen öffentlich werden:

  • Referentenentwürfe: Sie sind die allererste schriftliche Fassung eines Gesetzentwurfes und werden von Beamten zu Papier gebracht.
  • Stellungnahmen der Interessenvertreter: Unternehmen, Verbände und Organisationen erhalten von den Ministerien Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme.
  • Regierungsentwürfe: Die Argumente der Interessenvertreter werden ggfs. eingearbeitet. Der Regierungsentwurf wird vom Kabinett beschlossen und geht in den Bundestag.
  • beschlossene Gesetzestexte: Nach Beratungen im Bundestag, bei denen weitere Änderungen am Entwurf vorgenommen werden können, steht nach der Schlussabstimmung der beschlossene Gesetzestext.

In einer monatelangen Recherche haben wir mehr als 17.000 Fälle zusammengetragen, in denen die Bundesregierung Interessenvertreter um schriftliche Stellungnahmen zu einem Gesetzesvorhaben gebeten hat. Die Unternehmen, Verbände und Organisationen kannten die Regierungspläne so zu einem Zeitpunkt, als ein Großteil der Abgeordneten wohl nicht einmal ahnte, dass ein Gesetzentwurf in Vorbereitung ist.

Dass Betroffene und Experten angehört werden, ist durchaus sinnvoll, schließlich haben diese oftmals eine ganz andere Sichtweise auf eine Sache als der Referent, der den Gesetzentwurf zu Papier bringt. Doch es muss transparent und somit nachvollziehbar sein, wer an der Gesetzgebung mitgewirkt hat – deswegen starten wir #GläserneGesetze.

Mit der Aktion sollen zu rund 500 Gesetzen aus der aktuellen Legislaturperiode aber nicht nur Stellungnahmen zusammengetragen werden, sondern alle zentralen Schriftstücke aus dem Gesetzgebungsverfahren (s. Kasten). Unser Ziel ist es, diese Dokumente zu möglichst jedem Gesetz dieser Legislaturperiode zusammenzutragen, zu dem die Ministerien eine Verbändebeteiligung durchgeführt haben. Alle Schriftstücke werden wir zentral unter www.stellungnah.me sammeln und auffindbar machen. Durch einen Abgleich der Dokumente können Interessierte dann herausfinden, ob Formulierungen aus den Lobbyisten-Stellungnahmen in einen Gesetzestext übernommen wurden.

Noch besser wäre allerdings, die Bundesministerien würden die Dokumente von sich aus öffentlich machen. Das Justizministerium war bei einer abgeordnetenwatch.de-Umfrage im vergangenen Herbst das einzige Ressort, das Stellungnahmen und Referentenentwürfe konsequent online stellt. Bei den übrigen Ministerien könnte eine große Zahl an Anfragen durch Bürgerinnen und Bürger nun aber nachhelfen. So lief es jedenfalls bei einer ähnlichen Transparenzaktion von abgeordnetenwatch.de und fragdenstaat.de zu tausenden Bundestags-Gutachten im vergangenen Jahr: Damals verzichtete die Parlamentsverwaltung darauf, alle Bürgeranträge einzeln zu bearbeiten - und stellte die Gutachten lieber freiwillig ins Netz.

Am Ende sind aber auch freiwillige Transparenzangaben von Ministerien lediglich eine Notlösung. Was es dringend braucht ist ein "legislativer Fußabdruck", durch den öffentlich wird, wer inhaltlich am Gesetzentwurf mitgewirkt hat. Und es muss endlich ein verbindliches Lobbyregisters eingeführt werden, in dem Lobbyisten u.a. ihre Kontakte zu Beamten und Politikern angeben. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat abgeordnetenwatch.de im Februar zusammen mit LobbyControl vorgelegt. Als einzige Bundestagsfraktion lehnt CDU/CSU ein verbindliches Lobbyregister ab.

 

Jasmin Behrends, Melanie Bloch, Christian Faber, Anna Gleiser, Fabian Hanneforth, Pia Hüsch, Sarah Lang, Valentin Meier, Farina Mund, Martin Reyher, Marthe Ruddat, Meike Röttjer, Jonas Scholle, David Tuschell


Links zum Thema:


Berichterstattung zu #GläserneGesetze:

 

 

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